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Geschwisterkinder

 

Achtung der Unwissenheit des Kindes,
Achtung der Wissbegierde des Kindes,
Achtung der Misserfolge und Tränen des Kindes,
Achtung des Eigentums des Kindes sowie
das Recht des Kindes so zu sein, wie es ist.

 (Janusz Korczak´s Forderung in einem seiner Bücher, Zitat aus den Tagesthemen März 2012 der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers die über die Janusz Korczak Geschwisterbücherei berichtet)

www.landeskirche-hannovers.de/evlka-de/presse-und-medien/frontnews/2012/03/2012_03_06 

 

 

Manuela Pagel hat mich auf die Janusz Korczak Geschwisterbücherei, deren Träger der Verein Stimme e.V. ist, aufmerksam gemacht. Ansprechpartnerin ist die Sozialwissenschaftlerin Marlies Winkelheide (siehe auch www.geschwisterkinder.de).
Frau Winkelheide ist ebenfalls Ansprechpartnerin bei der Lebenshilfe Bremen für eine bundesweiteBeratungsstelle für Geschwister“.

 

Sie hat Familie Pagel in einer schweren Zeit geholfen. Daher liegt es ihnen sehr am Herzen, die Geschwisterbücherei zu unterstützen, denn Spenden werden immer gebraucht um das Angebot weiterzuführen und aufrecht erhalten zu können.

 

Lesen Sie am besten selbst, was Chris und im Anschluß sein Bruder Max über die Geschwisterbücherei erzählen:

 

Hallo!

Ich bin Chris, 12 Jahre alt und wohne in Elsdorf. Seit meiner Geburt habe ich einen Tumor im Gesicht und im Hals. Ich habe ein Lymphangiom. Deshalb kann ich nicht richtig sprechen und essen. Durch eine Kanüle im Hals bekomme ich Luft zum Atmen, weil es durch meine Nase nicht geht. Ganz oft bin ich schon operiert worden und habe viele Tage, Wochen und Monate im Krankenhaus verbracht.

Viele Leute sind für mich da: meine Eltern, mein Bruder, viele Freunde, Ärzte, Therapeuten…

Unter meiner Situation hat mein Bruder sehr gelitten.

Er war erst 2,5 Jahre als ich geboren wurde. Mama und Papa hatten kaum noch Zeit für ihn. Immer waren sie mit mir beschäftigt. Was er alles angestellt hat, um zu sagen: “Hallo, ich bin auch noch da! “ Das stellte Mama und Papa vor einem großen Problem.

Sie suchten Hilfe. Und fanden diese in Bremen bei Marlies Winkelheide, die eine Geschwistergruppe leitet.
Dort haben alle Kinder einen behinderten Bruder oder eine behinderte Schwester. Alle haben die gleichen Probleme und Sorgen und Ängste. Diese Geschwistergruppe gibt es nur in Bremen. Nirgendwo sonst.

Hier lernte mein Bruder Max ganz viel. Er hat sich als Geschwisterkind akzeptiert und hat mich so angenommen wie ich bin. Er hat mir vieles beigebracht, was er auch in den Gruppentreffen gelernt hat.

Seit Jahren fährt Max zu den Geschwisterkindertreffen und seit 2 Jahren zu Gesprächen in die Geschwisterbücherei nach Worphausen. Das ist ein ganz toller Ort. Den mag ich auch sehr gerne. Er ist einmalig in Deutschland, hat mir Marlies erzählt.

Es ist nicht nur eine Bibliothek, es ist vielmehr: ein Ort für die Geschwisterkinder, ein Ort des Austausches von Gedanken und Gefühlen, ein Ort der Stille, ein Treffpunkt für betroffene, ratsuchende Eltern.

Ich finde, das ist eine tolle Sache, aber ohne Geld kann sie nicht weiter bestehen. Toll wäre auch eine Partnerschaft für dieses Projekt.

Weil es meinem Bruder geholfen hat, hat es auch mir geholfen. Wir sind ein gutes Team geworden. Dank der Geschwistergruppe und der Geschwisterbibliothek.

Ich möchte, dass anderen Kindern auch geholfen werden kann. Aber alleine schaffe ich das echt nicht. Bitte helfen Sie mir bei meinem Vorhaben!

Chris

Adresse: Chris Pagel, Sieks Wiesen 4, 27404 Elsdorf, Tel.: 04286-925490 (gesetzlich vertreten durch Frank und Manuela Pagel)
e-mail: chripa2000[at]web.de
Spenden gehen an: Stimme e.V. (www.stimme-ev.org)
Links: www.geschwisterkinder.de, www.geschwisterbuecherei.de, Marlies.winkelheide[at]t-online.de

 

 

Der folgende Text von Max steht auf der Seite 118-119 in dem Buch "Ich suche meinen Weg" von Marlies Winkelheide (siehe auch Literatur - Bücher).

 

Mein Platz in der Geschwistergruppe

Früher war das Verhältnis zwischen mir und meinen Eltern nicht so gut, weil ich mit meiner Situation nicht zufrieden war. Ich habe z.B. mit Türen geknallt, mutwillig Spielzeug zerstört, bin wütend die Treppen rauf und runter gepoltert. Mama und Papa hatten zu wenig Zeit für mich. Nie haben sie mit mir gespielt. Immer spielte Chris die erste Geige.Irgendwann baute ich mir dann eine Mauer. In der Schule gab es nur Streß. Ich hatte keine richtigen Freunde. Wenn Kinder zu mir kamen, wollte ich der Bestimmer sein. Die Kinder schauten meinen Bruder auch immer so komisch an. Bald spielte niemand mehr mit mir. Das hat mich doll geärgert, und deshalb machte ich viel Quatsch in der Schule. Einmal bin ich sogar weggelaufen. Eines Tages sollte ich nach Bremen zur Geschwistergruppe. Meine Mutter sagte mir, ich sollte es mal ausprobieren und wenn es blöd ist, brauche ich dort nie wieder hin. Das war vor drei Jahren. Ich habe dort Konflikte selbst lösen und Verständnis aufbringen gelernt. In der Geschwistergruppe hatte ich meinen Sieg über das Schweigen.

In der Geschwistergruppe machen mir ganz viel die Arbeitsgruppen Spaß. Es ist schön sich über verschiedene Themen auszusprechen, wie andere Kinder Situationen mit ihren behinderten Geschwistern erleben und lernen mit ihnen umzugehen.

Schön sind auch die Rollenspiele, weil jeder mal in der Lage des anderen war. Und die kleinen Aufmerksamkeiten wie z.B. Karten, Flumis, Steine, Magnete sind unsere Symbole für unsere Treffen.

Am Anfang eines jeden Geschwistertreffens machen wir ein großes Buffet, wo jeder etwas mitbringt und jeder sich nehmen darf was er möchte.

Aber nicht nur die Geschwisterseminare sind wichtig für mich sondern auch die Beratungsgespräche mit Marlies in der Lebenshilfe Bremen. Dort habe ich ganz viel über mich gelernt, wie ich stärker werde, wie ich mir Gehör verschaffe, wie ich besser mit meinen Bruder und meinen Eltern zurecht kommen kann.

Dort habe ich gelernt über meine Sorgen und Ängste zu sprechen und wie ich sie überwinde. Diese Beratungsgespräche mit Marlies haben mir geholfen, besser mit meinen Mitschülern zurecht zu kommen, Konflikte zu lösen oder aus dem Weg zu gehen. Immer häufiger schaffe ich es auf Mitmenschen zuzugehen ohne einen Streit zu provozieren.

Nach diesen für mich neuen und guten Erfahrungen- zu Anfang war ich missmutig und launisch, verstört und hatte Angst- geht es mir wieder gut. Ich habe ganz viel Stärke und Selbstbewusstsein gefunden.

Heute habe ich 4 Freunde, die mich so mögen wie ich bin. Wir streiten und vertragen uns.

Die Schule macht mir auch wieder Spaß.

Das macht sich nicht nur in meinen schulischen Leistungen bemerkbar. Meine Mitschüler nehmen mich ernst und lachen mich nicht mehr aus.

Heute habe ich ein enges und gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Ich schaffe es heute, dass sie mir zuhören, wenn ich Probleme habe. Und ich habe meinen Eltern gezeigt, das sie sich auch wieder auf mich verlassen können.

Mit meinem Bruder vertrage ich mich auch ganz gut, wir teilen, wir spielen und wir streiten zusammen. Jetzt ist das Zusammenleben in der Familie schön.

Max, 11 Jahre